Herr Dr. Willkomm stellt das Lübecker Modell vor:
Immer mehr Bürgerinnen und Bürger der Hansestadt Lübeck und ihrer umgebenden Gemeinden erreichen ein hohes Alter. Immer mehr Ältere brauchen daher Unterstützung bei ihren täglichen Verrichtungen, ob in der stationären Pflege oder im häuslichen Bereich. Diese Zielgruppe soll durch das Modellprojekt gefördert werden, um so selbstständig wie möglich zu bleiben. Bei dem „Lübecker Modell Bewegungswelten“ handelt es sich um ein Trainingsprogramm zur Bewegungsförderung, das zukünftig in vielen Pflegeheimen angeboten wird. Neben den dortigen Bewohnerinnen und Bewohnern sind auch Mitbürgerinnen und Mitbürger aus dem Wohnumfeld mit regelmäßigem Unterstützungsbedarf herzlich zur Teilnahme eingeladen. Das Projekt startet seit September 2015 zunächst an den acht städtischen Pflegeeinrichtungen der Hansestadt Lübeck, beginnend im Behnckenhof und in der Prassekstraße.
Das Konzept berücksichtigt die Interessen und Ziele, aber auch die Leistungsgrenzen pflegebedürftiger Personen. Zweimal wöchentlich werden Übungen in Kleingruppen durchgeführt (etwa 10 Personen). Außerdem wird ein individuelles Übungsprogramm zum täglichen Training zusammengestellt. Das sichere Gehen und andere Aspekte der Selbstständigkeit lassen sich so nachhaltig fördern, was sich zudem positiv auf die geistige Leistungsfähigkeit auswirkt.
Etwas Besonderes in diesem Modell sind die „Bewegungswelten“, in denen das Training angesiedelt ist. Die Übungen sind in Situationen aus dem Alltag eingebettet, wodurch die Motivation mitzumachen und die Freude an der Bewegung steigen. So werden in der Bewegungswelt „Ein Tag im Garten“ Übungen vermittelt, die Bewegungsaktivitäten wie „Äpfel pflücken“ und „Boden umgraben“ nachahmen. Das Konzept beinhaltet eine Aktivierung des gesamten Körpers von Kopf bis Fuß. Die Übungen zielen auf die Förderung von Kraft, Ausdauer, Koordination, Beweglichkeit und Gedächtnisleistung ab. Über die Zusammenarbeit mit dem Landessportverband und die Einbeziehung der Zu- und Angehörigen, der Pflege- und Assistenzkräfte soll das Lübecker Modell Bewegungswelten nachhaltig in den Pflegeheimen verankert werden. Patienten im Krankenhaus Rotes Kreuz Lübeck Geriatriezentrum haben die Möglichkeit, das Konzept schon dort kennenzulernen und im Pflegeheim fortzuführen.
Die wissenschaftliche Begleitung erfolgt durch die Christian-Albrechts-Universität zu Kiel sowie durch das Institut für Pflegewissenschaft an der Universität Bielefeld und die Forschungsgruppe Geriatrie Lübeck. Untersucht wird u. a. der Effekt der Übungen auf Gehfähigkeit, Kraft, Koordination, geistige Leistungsfähigkeit und Lebensqualität der Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Darüber hinaus wird untersucht, welche Vorteile das neue Bewegungsprogramm aus Sicht des Pflegeheimpersonals und der Teilnehmerinnen und Teilnehmer bietet und wie es weiter verbessert werden kann.
Das „Lübecker Modell Bewegungswelten“ ist ein Element des Programms „Älter werden in Balance“ (www.aelter-werden-in-balance.de) der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA). Es startet als Pilotprojekt in der Region Lübeck. Vorausgesetzt, dass die erwarteten Erfolge bei den Teilnehmerinnen und Teilnehmern eintreten, ist eine bundesweite Implementierung angestrebt.
Herr Wulf erklärt, das vorgestellte Modell füge sich durch die Schaffung einer Verbindung zwischen Einrichtung und Stadtteil gut in die Überlegungen des Gesamtkonzepts „Leben und Wohnen im Alter“ ein.
Herr Dr. Willkomm beantwortet eine Frage von Frau Regier und weist abschließend auf den „Lübecker Bewegungstag“ am 22.06.2016 hin.