Seit der gestrigen Bürgerschaftssitzung steht es fest: Die Lübecker Völkerkundesammlung erhält eine Nachlassschenkung des am 16. Oktober 2020 verstorbenen Kieler Privatsammlers Bernd Muhlack, die rund 2600 afrikanische Kunstwerke überwiegend aus der Zeit nach 1945 umfasst. Die Sammlung besteht aus Holzskulpturen, Musikinstrumenten, Spielzeug, Metallobjekten wie Zahlungsmitteln, Waffen und Goldgewichten, Textilien sowie einigen wertvollen Gemälden moderner, ostafrikanischer Künstler. Auf dem Kunstmarkt hätten die Objekte insgesamt wohl einen Wert im zweistelligen Millionenbereich. „Damit handelt es sich um die größte Schenkung in der jüngsten Geschichte der Lübecker Museen“, erklärt Prof. Dr. Hans Wißkirchen, Leitender Direktor des Museumsverbundes, dem auch die Völkerkundesammlung angehört.
Für die Lübecker Völkerkundesammlung, die sich im Augenblick in einer Phase der Neukonzeption befindet, stellt die Übernahme einer so bedeutenden Sammlung einen wesentlichen Entwicklungsschub dar. Mit diesem Erbe ergebe sich die Möglichkeit einer Aktualisierung der Afrikabestände, die zum Großteil aus der Zeit vor 1918 stammen, erklärte der Leiter der Völkerkundesammlung Dr. Lars Frühsorge. Es böten sich vielfältige neue Möglichkeiten, aktuelle Themen von globalpolitischer Bedeutung anzusprechen. Aufgrund der hohen ästhetischen Qualität der Stücke eröffneten sich zudem Perspektiven für künstlerisch orientierte Ausstellungen und Kooperationen mit anderen Lübecker Kunst- und Kulturinstitutionen. Für Mitte März sei die Ankunft erster Objekte der Sammlung in der Hansestadt geplant, die dann in einer gesonderten Präsentation im Foyer des Museumsquartiers St. Annen ausgestellt werden sollen. Zudem sollen in der vom 26. März bis 29. August geplanten Ausstellung „Sex und Vorurteil“ in den Räumen des St. Annen-Museums einige thematisch passende Skulpturen zu sehen sein. Die komplette Sammlung werde jedoch erst im Frühsommer, im Mai oder Juni, in Lübeck eintreffen.
Der Kieler Sammler Bernd Muhlack, der seit den 1960er Jahren im Holzhandel in Afrika tätig war, widmete sich über einen Zeitraum von mehr als 50 Jahren dem Erwerb afrikanischer Objekte. Da Muhlack die Kunstwerke nach der Unabhängigkeit der betreffenden Staaten im legalen Handel mit afrikanischen Geschäftspartnern erworben habe, stehe seine Sammlung klar außerhalb der aktuellen Debatte um Kolonialismus und Raubgut. Rückbeförderungen für diese Stücke seien daher nicht zu erwarten. Selbstverständlich werde die Provenienz jedes einzelnen Objektes aber noch einmal kritisch geprüft, so Frühsorge.
Muhlack erklärte bereits zu Lebzeiten, dass seine Sammlung der Öffentlichkeit zugänglich gemacht und nicht im Kunsthandel zerschlagen werden solle. Nachdem seine Versuche, diese an afrikanische Museen zu übergeben, an den dortigen mangelhaften musealen Strukturen und der Korruption in den betreffenden Ländern scheiterte, wünschte er sich eine Bewahrung seiner Schätze in seiner Heimat Schleswig-Holstein. Aus diesem Grund suchte er bereits 2019 den Kontakt zu den Lübecker Museen. Es war zunächst geplant, einige seiner Stücke als Leihgaben in den kommenden Ausstellungen der Völkerkundesammlung zu präsentieren. Leider verstarb Muhlack, bevor diese Pläne realisiert werden konnten. +++
Quelle: Die Lübecker Museen