Cutty-Sark-Regatta segelt jetzt mit Kurs Travemünde
Die Cutty-Sark-Regatta 2003, die am kommenden Wochenende in Travemünde enden soll, ist unter schweren Wetterbedingungen jetzt in Richtung Lübeck-Travemünde unterwegs. Von Riga erreichte uns kurz nach dem Start der Großsegler ein aktueller Bericht folgenden Inhalts:
Der Start zum zweiten Teil des CUTTY SARK TALL SHIPS' RACE von Riga (Lettland) nach Lübeck-Travemünde brachte den Wind, der im ersten Teil der Regatta von Gdynia (Polen) nach Turku (Finnland) fehlte. Sturmwolken rasten über den Himmel, als die italienische Yacht „Orsa Maggiore“ an den Start ging. An Bord wurde mit Taktik gesegelt und die ging auf: Sekunden nach dem Startschuß wendete die Crew der italienischen Marine die knapp 30 Meter lange Ketsch und schoß über die Startlinie. Ihr folgten die irische „Asgard II“ und der deutsche Schoner „Johann Smidt“.
Schon zum Start am Donnerstag Nachmittag hatten die Großsegler wegen der starken Böen nicht alle Rahsegel gesetzt. Auch auf den kleineren Schiffen war die Segelfläche verkleinert, und manch eine Yacht fuhr sogar unter Sturmbesegelung. Orkanartige Windstöße packten die Flotte nur eine Stunde nach dem Startschuß, und erst gegen Morgen ließ der Wind etwas nach. Ein harter Ritt durch die sich immer höher auftürmenden Wellen hat besonders den kleinen Schiffen Probleme bereitet. Über Nacht mußten daher einige Schiffe aus dem Rennen ausscheiden, darunter der Vorjahresgewinner der Cutty Sark Trophy „Tante Fine“ aus Frankreich.
Vorhergesagt hatte der Wetterbericht angenehmere Bedingungen. Vor dem Golf von Riga tanzten statt dessen die Schiffe wie Nußschalen auf den Wellen. Auf einer knapp 14 Meter langen Yacht, wie beispielsweise der „Black Diamond of Durham“ ist die Sicht aus dem Cockpit in einem Wellental fast Null. Die Mastspitze der gleich großen Konkurrenz, die nur ein einem Abstand von 20 Metern parallel segelt, ist in dem Auf und Ab der Wellenberge nicht mehr zu sehen. Da heißt es Kurs halten und geradeaus steuern.
Die Gründe für ein Ausscheiden können unterschiedlich sein. Wenn der Großteil der jugendlichen Mannschaft wegen Seekrankheit ausfällt, kann der Skipper aus Sicherheitsgründen abgedreht haben. Während früherer Regatten mit ähnlichen Bedingungen hat es auch gebrochene Masten oder zerfetzte Segel gegeben. Auch in Krankheitsfällen lassen die Schiffsführer die Regatta Nebensache sein, was selten genug vorkommt. Die ersten Positionsberichte von Freitag morgen haben gezeigt, daß auch die „Black Diamond“ nicht mehr im Rennen ist.
Nach 14 Stunden im Rennen liegt die spanische Yacht „Lua Dos“ an der Spitze des Feldes. Eines der ältesten Schiffe im Rennen, die dänische Gaffelketsch „Skibladner II“ ist ihr auf den Fersen. Das 18 Meter lange Holzschiff aus Dänemark wurde 1897 gebaut und hat Steine und Mehl über die Ostsee transportiert. Überraschend weit vorne im Feld, auf Platz vier, liegt derzeit der englische Dreimaster „Lord Nelson“. Die 43 Meter lange Bark ist speziell dafür gebaut, daß Behinderte und Nichtbehinderte miteinander segeln können. Beispielsweise kann ein Rollstuhlfahrer auf dem Klüverbaum, der weit vor das Schiff zeigt, nach vorne fahren, um beim Segelsetzen mit anzupacken.
Die Kapitäne von „Skibladner II“ und „Lord Nelson“ scheinen sich für einen Kurs westlich von Gotland entschieden zu haben. Beim herrschenden West- bis Nordwestwind dürfte die Route an der schwedischen Küste entlang nach Süden weniger Seegang und weniger hohe Wellen bedeuten. Die übrige Flotte kämpft sich bei Starkwind bis zu sechs Windstärken zwischen Gotland und der Küste Lettlands in Richtung Lübeck-Travemünde. Schnellstes deutsches Schiff ist zur Zeit die „Alexander von Humboldt“. Der Dreimaster mit den grünen Segeln segelt in Höhe der gotländischen Nordspitze, die Konkurrenz liegt zum Teil schon weiter südlich. Der Platz in der Gesamtwertung ergibt sich aus einem Korrekturfaktor, mit dem die gesegelte Zeit umgerechnet wird. Je nach Alter und Größe der Schiffe ergeben sich dadurch erstaunliche Platzierungen.
Im vereinsinternen Rennen zwischen der „Seute Deern“ und „Johann Smidt“, beide von „Clipper-Deutsches Jugendwerk zur See“, galt bisher das neuere Stahlschiff „Johann Smidt“ als das schnellere. In diesem Jahr erstmalig zusammen in der B-Klasse am Start, hatte die hölzerne Gaffelketsch „Seute Deern“ mit dem vierten Platz in der Klasse die Vereinskameraden im ersten Rennen bereits auf Rang fünf abgedrängt. Bis die Schiffe über die Ziellinie vor dem Leuchtturm Darßer Ort segeln und die Ergebnisse feststehen, kann noch viel geschehen. Doch noch kann die Mannschaft der „Seute Deern“ sich freuen, Klassenbeste zu sein.
Die schnellsten Segler könnten durchaus schon in diesen Tagen in Travemünde eintreffen. Sie müssen jedoch noch genau gegen den Wind segeln. Das funktioniert jedoch nicht. Also wird aus dem geraden Kurs eine Zickzacklinie, um stückweise in die Richtung zu fahren, in der das Ziel liegt. Die westlichen Winde sollen jedoch nach Nordwest drehen und spätestens am Sonntag soll vor Travemünde wieder Südwind wehen - sagt die Wettervorhersage. Ob unter Vollzeug, also allen vorhandenen Rahsegeln, oder unter der bunten Blase, dem Spinnaker. Im Laufe dieser nächsten Woche trifft die Flotte des Cutty Sark Race in Travemünde ein, um die Sieger zu feiern, Land und Leute zu besuchen, sich vom Sturm zu erholen und sich erst am Sonntag, 24. August, in der Abschiedsparade bis zur nächsten Regatta zu verabschieden.
Weitere Infos zur Cutty Sark Regatta: http://www.cuttysark2003.com +++