Vorlage - VO/2020/09351  

Betreff: Bahnübergang Niederbüssauer Weg
Status:öffentlich  
Dezernent/in:Senatorin Joanna Hagen
Federführend:5.610 - Stadtplanung und Bauordnung Bearbeiter/-in: Werner, Benjamin
Beratungsfolge:
Senat zur Senatsberatung
Bauausschuss zur Kenntnisnahme
19.10.2020 
40. Sitzung des Bauausschusses zur Kenntnis genommen / ohne Votum   

Beschlussvorschlag
Sachverhalt
Anlage/n
Anlagen:
Anlage 1 - Skizze BÜ und Ersatzweg

Beschlussvorschlag

 

Siehe Bericht
 

 


Begründung

 

Der Nahverkehrsverbund NAH.SH sowie die DB Netz haben im Rahmen eines Programms zu Optimierung der Bestandsinfrastruktur (Schiene) angefragt, ob der Bahnübergang (BÜ) Niederbüssauer Weg unter Bereitstellung einer Ersatzverbindung aufgegeben werden kann.

Bedingt durch den Bahnübergang kann zurzeit nicht die maximale Geschwindigkeit, die die Trassierung theoretisch ermöglicht (110 km/h), in dem Streckenabschnitt gefahren werden (stattdessen 90 km/h).

 

Die Auflassung des BÜ Niederbüssauer Weg würde an dieser Stelle der Bahnstrecke 1120 (Lübeck – Hamburg) eine Geschwindigkeitsheraufsetzung von 90 km/h auf 110 km/h ermöglichen. Durch diese singuläre Maßnahme könnte der Zugverkehr dort künftig 20 Sekunden schneller fahren. In Kombination mit weiteren Maßnahmen zur Streckenbeschleunigung im Lübecker Raum ergibt sich sogar ein Zeitvorteil von 1,4 Minuten. Für zukünftig in Moisling haltende Züge würde sich immer noch ein Zeitvorteil von 0,8 Minuten (unter Berücksichtigung der Begleitmaßnahmen) ergeben. Welche bzw. wie viele Züge künftig in Moisling halten werden, ist zurzeit noch unklar. Die Hansestadt Lübeck tritt gegenüber Land und NAH.SH dafür ein, dass die Züge der Linien RE 8 und RE 80 hier künftig halbstündlich halten.

 

Der Fahrzeitgewinn würde in Kombination mit zahlreichen weiteren kleinteiligen Maßnahmen auf der Strecke dazu beitragen, die Fahrzeit bei den RE-Sprinter-Zügen (Lübeck – Hamburg ohne Zwischenhalt) auf 29 Minuten zu verkürzen (heute: 34 Minuten). Ohne die Auflassung des BÜ ist die Geschwindigkeitserhöhung nicht gesichert. Zudem ergeben sich weitere Vorteile durch die höhere Sicherheit, eine höhere Kapazität der Strecke und kürzere Fahrzeiten auch für den Fernverkehr, welcher attraktivere Reisezeiten erhalten kann. Durch die höhere Geschwindigkeit und Vermeidung der Schließzeiten des BÜ kann auch die Leistungsfähigkeit der Bahnstrecke Lübeck - Hamburg verbessert werden.

 

Für die Ersatzquerung (Fuß- / Radverkehr) gibt es noch keine Planungsgrundlage. Sie würde allerdings im Norden direkt an der Straßenüberführung Stecknitzstraße anschließen und zunächst dem jetzigen Verwaltungsweg des Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV) bis zur Eisenbahnüberführung folgen. Dieser Weg wäre zu ertüchtigen (vsl. als wassergebundene Decke). Im Anschluss müsste ein Weg hergestellt werden, der den Anschluss an das Gewerbegebiet in Richtung Osten wiederherstellt.

 

Die genaue Trassenführung wäre Gegenstand vertiefender Planungen. Der Niederbüssauer Weg verläuft heute auf einem Höhenrücken ohne nennenswerte Höhenunterschiede. Der alternative Wegeverlauf müsste allerdings einen Höhenunterschied von 10m überwinden, was abhängig vom tatsächlichen Streckenverlauf ein erhebliches Gefälle zur Folge haben könnte. Durch die bis zu 600m längere Wegeverbindung würde sich der Fahrzeit auf dem Fahrrad um ca. 1 - 2 Minuten erhöhen.

 

Den BÜ queren 20 Kfz, 103 Radfahrer sowie 25 Fußgänger im Durchschnitt (Summe beider Richtungen) und pro Tag (Zählwerte aus 06/2019). Mit diesen vorliegenden Verkehrszahlen (insgesamt) handelt es sich um einen BÜ mit schwachem Verkehr gemäß Eisenbahnbau und Betriebsordnung. Aber auch die Anzahl von rd. 100 Fahrräder / 24 Stunden ist sehr gering

für eine Radverkehrsverbindung.

 

Im Streckenabschnitt zwischen Lübeck und Bad Oldesloe verkehren im Durchschnitt jeden Tag rd. 11.000 Fahrgäste (Zählwerte aus 2013). Bei der Gesamtstrecke Lübeck – Hamburg handelt es sich um eine der am stärksten nachgefragten Bahnstrecken im Land mit steigender Tendenz in der Nachfrage. Entsprechend sieht der neue Verkehrsvertrag auch Angebotserweiterungen gegenüber dem Status Quo vor.

 

Die Kosten für die Maßnahmen an der Schrankenanlage beziffert die DB Netz auf 95.000 EUR. Ein wassergebundener Ersatzweg würde mit rd. 200.000 EUR zu Buche schlagen.

Andere Maßnahmen isoliert am Bahnübergang zur Reduzierung der Schrankenschließzeiten und / oder Geschwindigkeitserhöhung für den Schienenverkehr sind nicht möglich. Möchte man alternativ die Fahrzeitverringerung ohne Schließung des Bahnübergangs erreichen, müsste man substanziell bestehende Infrastruktur austauschen (Schrankenanlagen, Signale usw.). Das Kostendelta für eine solche Herangehensweise beträgt allerdings rd. +925.000 EUR. Die Wirtschaftlichkeit wäre für solch eine Variante in Frage zu stellen. Dies steht auch vor dem Hintergrund, dass sowohl der Bund als auch die DB mittelfristig anstreben keinerlei BÜ auf Hauptstrecken mehr vorzuhalten.

 

Nach neuem Eisenbahnkreuzungsgesetz kommen auf die Hansestadt Lübeck für die Maßnahme keine Kosten zu. Diese werden zu 50% vom Bund, zu 33,3% von der Bahn und zu 16,7% vom Land getragen. Der Vorhabenträger wäre die DB, das Verfahren vsl. ein Plangenehmigungs- oder Planfeststellungsverfahren. In dem Rahmen würde entsprechend auch die Öffentlichkeitsbeteiligung durchgeführt werden.

 

Mit der Schließung des Bahnübergangs sind Nachteile / Beeinträchtigungen verbunden, da eine vorhandene Wegeverbindung damit unterbrochen wird. Der bestehende Weg wird für die Naherholung und die Radverkehrserschließung des Gewerbegebietes Genin-Süd genutzt. Die Dorflage Genin wird durch die Schließung von dieser Wegeverbindung abgeschnitten. Der von der Bahn herzustellende Ersatzweg stellt aufgrund der Beschaffenheit und der anzunehmenden erheblichen Steigung eine deutliche Verschlechterung gegenüber der bestehenden Wegeverbindung dar. Die Erschließung für die landwirtschaftlichen Flächen muss gegeben bleiben.

 

Dennoch befürwortet die Verwaltung die Schließung des Bahnübergangs aus verkehrsplanerischer Sicht, da dies zusammen mit den flankierenden Maßnahmen an der Strecke eine signifikante Verbesserung der Schienenverbindung zwischen Lübeck und Hamburg für 11.000 Fahrgäste am Tag (insbesondere Pendler) zur Folge hat und es sich somit um einen messbaren Beitrag zur Verkehrswende handelt.

 

Da aus Sicht der Verwaltung insgesamt die Vorteile die Nachteile überwiegen und durch einen ortsnahen Ersatzweg grundsätzlich sowohl die Naherholungsnutzung als auch die Erreichbarkeit / Wegebeziehung (z.B. für Pendler und Landwirte) erhalten bleiben, wird dem Anliegen der DB Netz und NAH.SH zugestimmt. Dies stellt gleichzeitig auch die Grundlage für die weiteren Planungsschritte dar, die durch die DB Netz zu erbringen sind bevor das Genehmigungsverfahren aufgenommen werden kann. Seitens der Hansestadt Lübeck wird gegenüber der Bahn somit zunächst mitgeteilt, dass sie eine Schließung des Bahnüberganges grundsätzlich mitträgt und ein Planfeststellungs- bzw. Plangenehmigungsverfahren durchgeführt werden kann. Dieses förmliche Verfahren muss den Nachweis der Verträglichkeit um Umsetzbarkeit der Maßnahme erbringen.

 

 


 

 


Anlagen

 

Anlage 1 – Skizze Bahnübergang und Ersatzweg
 

 

Anlagen:  
  Nr. Status Name    
Anlage 1 1 öffentlich Anlage 1 - Skizze BÜ und Ersatzweg (199 KB)