Vorlage - VO/2023/12726-01  

Betreff: Bericht zum Antrag vom AM Henning Stabe (CDU): Auswirkungen der eAkte auf das Stadtarchiv (VO/2023/12726)
Status:öffentlich  
Dezernent/in:Senatorin Monika FrankBezüglich:
VO/2023/12726
Federführend:4.415 - Archiv Beteiligt:1.103 - Digitalisierung, Organisation und Strategie
Bearbeiter/-in: Lokers, Jan   
Beratungsfolge:
Senat zur Senatsberatung
Ausschuss für Kultur und Denkmalpflege zur Kenntnisnahme
06.05.2024 
9. Sitzung des Ausschusses für Kultur und Denkmalpflege      

Beschlussvorschlag
Sachverhalt
Anlage/n

Beschlussvorschlag

Bericht zum Antrag vom AM Henning Stabe (CDU): Auswirkungen der eAkte auf das Stadtarchiv (VO/2023/12726)

 


Begründung

 

  1. Zustrom von Papier-Akten in das AHL

 

Mit Einführung der E-Akte in der Verwaltung HL werden sich die Bereiche in großem Umfang von den dort verwahrten Papier-Akten trennen. Vor einer Vernichtung müssen sie die Unterlagen gemäß Landesarchivgesetz dem Archiv zur Übernahme anbieten. Aus dem Vorhandenen wählt das AHL diejenigen Unterlagen aus, die aus rechtlichen und historischen Gründen dauernd aufzuheben sind.

 

Nach einer Erhebung von 2015 sind rd. 28 Regal-Kilometer an Papierakten (Altakten und laufende Vorgänge) in den Bereichen vorhanden. Es kann davon ausgegangen werden, dass der Aktenbestand sich seit dem Erhebungsdatum weiter vergrößert hat; das AHL geht von derzeit rd. 30 Regalkilometern an Akten in den Bereichen aus. Diese Regalkilometer müssen im Laufe der kommenden Jahre von den Archivmitarbeitenden im Einzelnen auf Archivwürdigkeit geprüft werden. Nach fachlicher Erfahrung und auf der Basis archivwissenschaftlicher Grundsätze ist von einer Archivquote von rd. 5 Prozent auszugehen, das heißt am Ende werden von dem Aktenbestand von 30 Regalkilometern ca. 1,5 Regalkilometer Archivakten übrigbleiben, die vom Archiv übernommen werden müssen. Der Bestand an Papierakten in der Verwaltung wird sich also durch die Arbeit der Archivar:innen am Ende drastisch reduziert haben, während im Archiv der Umfang der Unterlagen auf Papier noch einmal deutlich gewachsen sein wird. Diese müssen im AHL geordnet, inhaltlich im digitalen Archivinformationssystem erschlossen und verpackt werden. Wie die ältere, bis in das 12. Jahrhundert zurückreichende Überlieferung formen auch diese modernen Akten das „Gedächtnis der Hansestadt Lübeck“, dokumentieren das Verwaltungshandeln und informieren die Nachwelt über die Geschichte Lübecks im 20. und 21. Jahrhundert.

 

Die geschilderte Bewertungstätigkeit, die Übernahme der Papier-Akten ins Archiv, deren digitale Erschließung und Digitalisierung (im Sinne von Verbildlichung zur besseren Nutzbarkeit), die archivgerechte Verpackung und schließlich auch die Auskunftserteilung aus diesen Unterlagen sind in den kommenden Jahren eine große Herausforderung für das Stammpersonal des AHL. Soweit geboten und möglich, soll für einzelne Arbeitsfelder (Verpackung zum Beispiel) Drittmittelpersonal gewonnen werden, um eine gewisse Entlastung zu schaffen. Bei der Darstellung des zusätzlichen Arbeitspensums ist zu erwähnen, dass dieses auf vorhandene Arbeitsrückstände trifft. Nach 1989, 1991 und 1997 kehrten sechs Eisenbahnwaggons an Archivgut (rund 1,1 Regal-Kilometer) aus der kriegsbedingten Auslagerung/Entfremdung in Archive des Ostens zurück. In den letzten drei Jahrzehnten gab es große Anstrengungen, diesen wiedergewonnenen Archivschatz zu ordnen und zugänglich zu machen (es handelt sich um ältere Bestände vom 16. bis zum 19. Jahrhundert), doch konnte mit den vorhandenen Ressourcen nicht alles aufgearbeitet werden, worüber Unterzeichner den Kulturausschuss in 2022 unterrichtet hat: Rund 230 Regalmeter an wichtigen historischen Beständen sind noch in unbenutzbarem oder nur eingeschränkt nutzbarem Zustand, weil ihre Erschließung von außerordentlich hohem archivfachlichen Schwierigkeitsgrad ist und dafür ein sehr hoher Personaleinsatz nötig wäre.

 

Die E-Akte wird mittelfristig zu Arbeits- und Raumersparnis in der aktenproduzierenden Verwaltung und im Archiv führen. Der Lagerbedarf für Papierakten wird sich drastisch reduzieren, wenn die E-Akte vollständig eingeführt ist. Die Übernahme von archivwürdigen E-Akten in das Langzeitarchiv (s.u.) wird erleichtert, weil durch das digitale Format Ordnungs- und Erschließungsarbeiten durch Aktenplan und Betreffe bereits vorbereitet und elektronisch verfügbar sind.

 

Schließlich muss die Frage der räumlichen Unterbringung des Alt-Bestands und des oben beschriebenen Zuwachses an Archivbeständen nachhaltig gelöst werden. Notwendig ist möglichst zeitnah eine Magazinerweiterung, die den nötigen Platz bietet und den DIN-Normen für Archive (DIN ISO 11799 / 67700) entspricht. Die Planungen der HL sehen in mittelfristiger Perspektive die Erweiterung des AHL in das Zeughaus vor, das den Raumbedarf erfüllen würde (vgl. VO/2022/11513). Für eine begrenzte Zwischenzeit bis zur Realisierung der Zeughaus-Lösung kann das provisorische Außenmagazin in der Einsiedelstraße (ehem. LMG-Gebäude) mit einer Platzressource von 400 m2 den Zuwachs an Papierakten aufnehmen, doch entspricht die Fläche dort nicht den an ein Langzeitarchiv zu stellenden klimatischen Anforderungen. „Auf ewig“nnen dort keine Archivalien untergebracht werden. Grundsätzlich ist die Verteilung des AHL auf mittlerweile vier Standorte (Haupthaus Mühlendamm, Außenstellen im Zeughaus, im Verwaltungszentrum Mühlentor und in der Einsiedelstraße) ein Hindernis für ein effizientes Arbeiten.

 

 

  1. Mitarbeit des AHL im Projekt E-Akte

 

Als Experten für Schriftgutordnung und Schriftgutverwaltung arbeitet das AHL maßgeblich mit im Teilprojekt 3 des von der Bürgerschaft beschlossenen Einführungsprojekts E-Akte (VO/2023/12275). Dieses ist im Bereich 1.103 Digitalisierung, Organisation und Strategie (DOS) angesiedelt. Das Archiv übernimmt hier Verantwortung beim Aufbau eines zentralen Aktenmanagements und der inhaltlichen Fachadministration einschließlich der Beratung der Bereiche bei Anlage, Führung und Verwaltung ihrer digitalen Verwaltungsunterlagen im eingesetzten DMS. Das AHL arbeitet mit DOS an der Erarbeitung und Implementierung eines Aktenplans und einer Aktenordnung.

 

Der Bereich Archiv ist für die Übernahme dieser Aufgabe prädestiniert, weil es als Querschnittseinrichtung eine ganzheitliche Sicht auf die Notwendigkeiten einer ordnungsgemäßen Aktenführung von der Entstehung bis zur Langzeitarchivierung von Akten hat. Die Einhaltung der hieraus resultierenden Grundsätze (z.B. Rechtsstaats-Gebot der Vollständigkeit und Nachvollziehbarkeit von Akten) werden durch eine zentrale Verantwortlichkeit nachhaltig gesichert.

 

Die Projektleitung E-Akte hat für die Aufgaben des zentralen Aktenmanagements und der Fachadministration drei Planstellen im Teilprojekt 3 veranschlagt (zunächst). Diese sind dem Archiv dauerhaft zugeordnet worden. Die Besetzung dieser Stellen ist für das erste Quartal 2024 vorgesehen. Bis dahin und auch danach wird aber auch das archivarische Stammpersonal eng in die Projektarbeit E-Akte eingebunden sein neben den archivischen Kernaufgaben.

 

 

  1. Einrichtung eines digitales Langzeitarchivs

 

Nicht erst am Ende des Einführungsprojekts E-Akte, sondern bereits beim Start der digitalen Akte muss die Sicherung archivwürdiger digitaler Akten bedacht werden, damit diejenigen Unterlagen, die aus rechtlichen und historischen Gründen zu bewahren sind, gesichert werden können. Es handelt sich um die aktuell bedeutendste Herausforderung für das Archivwesen allgemein und das Lübecker Archiv im speziellen: Wie können digitale archivwürdigen Unterlagen über Jahrhunderte sicher, authentisch, unverfälscht und rechtssicher verwahrt sowie lesbar gehalten werden?

 

Die Klärung dieser Fragen entspricht dem Auftrag des Gesetzgebers im Landesarchivgesetz Schleswig-Holstein. Es verpflichtet uns, ein Langzeitarchiv für die Archivierung von archivwürdigen digitalen Unterlagen (born digitals) einzurichten, das die Übernahme, Erhaltung und Benutzung von archivwürdigen digitalen Unterlagen aus E-Akten-Systemen, Fachverfahren und allen anderen Dateisystemen der Hansestadt Lübeck gewährleistet.

 

Das AHL hat in den vergangenen ca. 1,5 Jahren unter dem Aspekt der Eignung für die spezifischen Bedarfe der Hansestadt und ihres Archivs verschiedene Lösungen (privatwirtschaftliche und öffentlich-rechtliche) für eine Langzeitarchivlösung intensiv geprüft. Diese muss in jedem Fall dem internationalen Standard für Langzeitarchivierung (OAIS-Standard ISO 14721:2023) und datenschutzgesetzlichen Vorgaben entsprechen. Die Beschaffung befindet sich derzeit in der verwaltungsinternen Beratung.


 


Anlagen

keine
 

Stammbaum:
VO/2023/12726   AM Henning Stabe (CDU): Auswirkungen der eAkte auf das Stadtarchiv   Geschäftsstelle der CDU-Fraktion   Antrag eines Ausschussmitgliedes
VO/2023/12726-01   Bericht zum Antrag vom AM Henning Stabe (CDU): Auswirkungen der eAkte auf das Stadtarchiv (VO/2023/12726)   4.415 - Archiv   Bericht öffentlich