Vorlage - VO/2023/12193-01  

Betreff: Antwort auf den Antrag des AM Detlev Stolzenberg (Die Unabhängigen): Erstellung eines Berichtes zur Situation der privaten Museen in Lübeck (VO/2023/12193)
Status:öffentlich  
Dezernent/in:Senatorin Monika FrankBezüglich:
VO/2023/12193
Federführend:4.041 - Fachbereichs-Dienste Bearbeiter/-in: Pinto, Alexander
Beratungsfolge:
Senat zur Senatsberatung
Ausschuss für Kultur und Denkmalpflege zur Kenntnisnahme
11.09.2023 
2. Sitzung des Ausschusses für Kultur und Denkmalpflege zur Kenntnis genommen / ohne Votum   

Beschlussvorschlag
Sachverhalt
Anlage/n

Beschlussvorschlag

Aktuelle Informationen zum Antrag des AM Detlev Stolzenberg (Die Unabhängigen) zur Erstellung eines Berichtes zur Situation der privaten Museen in Lübeck (VO/2023/12193).

 

 


Begründung

 

Antrag:

 

Der Kulturausschuss beauftragt die Kulturverwaltung, einen Bericht zur Situation der freien, privaten Lübecker Museen zu erstellen. Darin sind insbesondere folgende Fragestellungen zu beantworten:

 

          Welche freien Museen, deren Ausstellungen der Öffentlichkeit zugänglich sind, gibt es in Lübeck?

          Welche Besucherzahlen werden nach Auskunft der privaten Museen benannt?

          Welche Zukunftsperspektiven werden von den privaten Museen angestrebt?

          Wie wird die Bedeutung dieser Kulturangebote von der Stadt bewertet?

          Gibt es Kooperationen oder gemeinsame Aktivitäten zwischen den privaten, Museen mit den Lübecker Museen der Kulturstiftung?

          Gibt es Angebote zur Übernahme privater Sammlungsbestände an die Stadt?

          Werden von der Kulturverwaltung / Kulturstiftung darüberhinausgehende gemeinsame Aktivitäten für sinnvoll angesehen? Wie kann dies erreicht werden?

          Sind freie Museen mit der Bitte um Unterstützung / Förderung an die Stadt herangetreten?

          Gibt es eine Förderung freier Museen durch die Stadt?

          Wie könnte ein städtisches Programm zur Förderung der freien Museen gestaltet werden und in welcher Höhe wäre ein Haushaltsansatz für das Jahr 2024 sinnvoll?

 

Der Bericht ist zur Sitzung des Kulturausschusses im September 2023 vorzulegen.

 

Antwort:

 

  1. Begriffliche Einordnung


Rechtlich ist der Begriff „Museum“ in Deutschland nicht geschützt. Gleichzeitig gibt der Internationale Museumsrat (ICOM)[1] in seiner weltweit anerkannten Museumsdefinition die Rahmenbedingungen für die Museumsarbeit vor.

A museum is a not-for-profit, permanent institution in the service of society that researches, collects, conserves, interprets and exhibits tangible and intangible heritage. Open to the public, accessible and inclusive, museums foster diversity and sustainability. They operate and communicate ethically, professionally and with the participation of communities, offering varied experiences for education, enjoyment, reflection and knowledge sharing.” (ICOM-Satzung vom 24. August 2022)

Derzeit gibt es keine von den drei deutschsprachigen Nationalkomitees autorisierte deutsche Übersetzung der ICOM-Museumsdefinition. Laut ICOM-Deutschland lautet die Definition auf Deutsch sinngemäß:

Ein Museum ist eine dauerhafte Einrichtung, die keinen Gewinn erzielen will, öffentlich zugänglich ist und im Dienst der Gesellschaft und deren Entwicklung steht. Sie erwirbt, bewahrt, beforscht, präsentiert und vermittelt das materielle und immaterielle Erbe der Menschheit und deren Umwelt zum Zweck von Studien, der Bildung und des Genusses. (Quelle: https://icom-deutschland.de/de/nachrichten/147-museumsdefinition.html)

 

  1. Bestand in Lübeck

Im Rahmen der ICOM-Definition lassen sich für Lübeck nach Einschätzung der Verwaltung zwei nicht zu den LÜBECKER MUSEEN gehörende Institutionen als Museen kategorisieren:

  • Europäisches Hansemuseum und
  • KOLK 17 | Figurentheater und Museum.

Bei beiden ist die Possehl-Stiftung alleinige Gesellschafterin der gemeinnützigen GmbHs.

Das Willy-Brandt-Haus Lübeck wird von der Bundeskanzler Willy-Brandt-Stiftung als bundesunmittelbare Stiftung des öffentlichen Rechts getragen und ist nach Aussage der Leiterin Frau Dr. Bettina Greiner nicht als privates Museum zu bewerten. Da das Willy-Brandt-Haus Lübeck jedoch zu den überregional bedeutsamen Lübecker Einrichtungen zu zählen ist, die nicht den LÜEBECKER MUSEEN zuzuordnen sind, werden die Kooperationsbeziehungen zu dieser Institution weiter unten ebenfalls dargestellt.

Folgende weitere nicht städtisch verantwortete Einrichtungen auf dem Stadtgebiet Lübecks bezeichnen sich als Museen oder werden (z. T. von Dritten) als solche beworben, sind jedoch nicht als Museen gemäß der ICOM-Museumsdefinition zu bewerten:

Name

Träger/verantwortlich

Bemerkung

Seebadmuseum Travemünde

Heimatverein Travemünde e.V.

Öffentlich zugänglich mit gestaffelten Eintrittspreisen

Haus Hansestadt Danzig

Stiftung Haus Hansestadt Danzig

Öffentlich zugänglich auf Spendenbasis

Grenzdokumentationsstätte Schlutup

Grenzdokumentations-Stätte Lübeck-Schlutup e.V.

Öffentlich zugänglich mit gestaffelten Eintrittspreisen

Brahms-Institut/Villa Brahms

Musikhochschule Lübeck

Öffentlich zugänglich tlw. kostenfrei

Niederegger Marzipan-Museum

J. G. Niederegger GmbH & Co. KG

Öffentlich kostenfrei zugänglich

Kutschen- und Pferdewagen-Sammlung

C. Cay Wesnigk

Nicht Öffentlich

Goebellum Freilichtmuseum Bischofsherberge

Goebellum, volkskundliches Heimatmuseum zu Lübeck UG (haftungsbeschränkt)

Mit Anmeldung zugänglich mit gestaffelten Eintrittspreisen

Bundespolizeimuseum Lübeck

Bundespolizeiakademie Lübeck

Mit Anmeldung kostenfrei zugänglich

Geschichtserlebnisraum Roter Hahn

Geschichtserlebnisraum Roter Hahn e. V.

Öffentlich und kostenfrei zugänglich

Museumshafen Lübeck

Museumshafen zu Lübeck e.V.

Öffentlich und kostenfrei von außen zu besichtigen

 

Mit den benannten, sich als Museum bezeichnenden oder als solche wahrgenommenen Institutionen besteht überwiegend keine regelmäßige, sondern ggf. punktuelle Zusammenarbeit mit der HL. Eine Ausnahme bildet die Grenzdokumentationsstätte Schlutup; der FB 4 der HL wirkt hier intensiv an einer Machbarkeitsuntersuchung des Landes Schleswig-Holstein zur Zukunft dieses Gedenkortes mit (siehe auch VO 5/07965-01-01-02).

 

  1. Kooperationen der HL

 

3.1.            Europäisches Hansemuseum (EHM)

Das EHM ist Lübecks größtes privates Museum und seit 2015 nach eigener Aussage die erste Adresse für die Geschichte der Hanse weltweit. Mit jährlich ca. 100.000 Besucher:innen vor Ort und über 240.000 digitalen Besucher:innen (Stand 2022) ist es neben den LÜBECKER MUSEEN die bedeutendste Einrichtung für kulturelles Erbe und Erinnerungskultur in der Stadt.

Als Zukunftsperspektiven formuliert das EHM die Implementierung des Nachhaltigkeitskonzepts Vision Zero sowie die Umsetzung des Diversity-Konzepts, eine stärkere Sichtbarkeit der inhaltlichen Auseinandersetzung mit den Hanse-Dokumenten im Rahmen von Memory oft the World (UNESCO), Ausbau der Vermittlungs- und Outreach-Arbeit, bauliche und inhaltliche Weiterentwicklung des Burgklosters, Weiterentwicklung der Dauerausstellung sowie regelmäßige Sonderausstellungen. 

Die Kooperationen mit den LÜBECKER MUSEEN reichen von kollegialer Beratung, gemeinsamen Workshops und gegenseitiger Bewerbung durch Flyer, Plakate und Broschüren über die Teilnahme an der gemeinsamen Museumsnacht und am Kunstpreis der Possehl-Stiftung bis hin zu gemeinsamen Projekten und Ausstellungen von Dauerleihgaben aus den Lübecker Museen.

 

3.2.            KOLK 17 | Figurentheater und Museum

Die Einrichtung ist aus dem 1977 eröffneten Marionettentheater Fritz Fey sen. und dem 1982 gegründeten Theaterfigurenmuseum, das auf der privaten Sammlung Fritz Fey jun. basiert, hervorgegangen. Auf Grundlage der Sammlung werden konkrete Fallstudien und wechselnde thematische Schwerpunkte im Bereich Theaterfiguren realisiert. Damit nimmt das KOLK 17 | Figurentheater und Museum eine besondere Stellung nicht nur im norddeutschen Raum, sondern auch deutschlandweit ein und gehört weltweit zu den wenigen Museen, die sich monothematisch mit Figurentheater beschäftigen.

Seit dem 1.1.2018 ist das KOLK 17 Museum wegen Umbau und Sanierung geschlossen. Vor der Schließung waren es nach Aussage der Leiterin Dr. Antonia Napp jährlich ca. 17.000 Besucher:innen. Mit der Wiedereröffnung Ende 2024 und dem neuen Raumangebot wird eine Erhöhung der Besucherzahlen sowie eine höhere Attraktivität des Programms durch ein besseres Angebot an Führungen und Veranstaltungen angestrebt. Die enge Verzahnung mit dem Theaterbetrieb von KOLK 17 Figurentheater soll ebenfalls zu einer höheren Attraktivität führen.

Eine regelmäßige Zusammenarbeit mit den LÜBECKER MUSEEN besteht bei Ausstellungen bspw. in 2022/2023 die Teilnahme am Ausstellungszyklus der Lübecker Völkerkundesammlung zu afrikanischen Themen. Solche Kooperationen existieren nach eigener Aussage seit über zwanzig Jahren. Enger fachlicher Austausch der Mitarbeiter:innen von KOLK 17 und den LÜBECKER MUSEEN besteht zu Fragen der Restaurierung, Katalogisierung, Bildung und Vermittlung. Regelmäßig nimmt das KOLK 17 an der Museumsnacht teil, seit Beginn der Sanierung im eingeschränkten Rahmen.

3.3.            Willy-Brandt-Haus Lübeck

Das Willy-Brandt-Haus Lübeck ist der Ort für Zeit- und Demokratiegeschichte in Lübeck. Es ist eine von drei Einrichtungen der bundesunmittelbaren Bundeskanzler Willy-Brandt-Stiftung des öffentlichen Rechts, die an das Leben und politische Wirken des in Lübeck geborenen ehemaligen Bundeskanzlers und Friedensnobelpreisträgers erinnert.

In 2022 besuchten ca. 40.000 Besucher:innen die multimediale und interaktive Dauerausstellung zum politischen Leben und Wirken Willy Brandts, nahmen an den Führungen teil und besuchten das umfangreiche Programm mit Sonderausstellungen, Diskussionsrunden, Vorträgen und Workshops. Als besonderen Schwerpunkt legt die Einrichtung auf historisch-politische Bildungsangebote für Schulklassen und Lehrkräfte.

Nach Aussage von Frau Dr. Greiner wird eine neue Dauerausstellung erarbeitet. Die Zusammenarbeit mit den LÜBECKER MUSEEEN ist nach ihrer Aussage eng und gut und umfasst fast alle Häuser. Die Formate und Zielgruppen sind vielfältig, angefangen von speziellen Angeboten für Schülerinnen und Schüler über gemeinsame Abendveranstaltungen zu politisch-historischen Themen bis hin zu gemeinsamen Themenführungen.

 

  1. Fazit

Die Vielzahl der genannten Kooperationen auf den unterschiedlichen fachlichen Gebieten zeugt nach Einschätzung der Verwaltung von einer ausgeprägten und fruchtbaren Zusammenarbeit der städtischen und der von Stiftungen getragenen Museen Europäisches Hansemuseum, KOLK 17 | Figurentheater und Museum sowie Willy-Brandt-Haus Lübeck.

Infrastrukturell bieten die drei benannten Einrichtungen neben den LÜBECKER MUSEEN nicht nur weitere kontinuierlich bespielte bzw. im Bau befindliche Ausstellungsflächen, sondern auch ein zusätzliches flexibel tlw. multifunktional nutzbares Raumangebot, dass von Dritten genutzt werden kann und wird.

Die wirtschaftliche Bedeutung ist vor allem im Tourismus und im Standortmarketing einzuordnen. Die drei benannten Einrichtungen beschäftigen nur eine geringe Anzahl an sozialversicherungspflichtig Beschäftigen (< 120 Mitarbeiter:innen). Aufgrund ihrer Gemeinnützigkeit ist auch das Steueraufkommen zu vernachlässigen.

Die thematisch fokussierten Angebote Hansegeschichte, Figurentheater sowie Zeit- und Demokratiegeschichte ergänzen die Angebote der LÜBECKER MUSEEN in der Breite äerst wertig. Insbesondere in den Bereichen Forschung sowie kulturelle Teilhabe und Vermittlung an Kinder und Jugendliche ist dieses thematisch fokussierte Angebot als wichtig einzuschätzen. In der Gesamtbetrachtung ist die Bedeutung der drei benannten Einrichtungen für die Hansestadt Lübeck als hoch zu bewerten.

 

  1. Förderung

Museum

rderung

Europäisches Hansemuseum

400.000,00 EUR

Kolk 17 | Figurentheater und Museum

25.250,00 EUR

Willy-Brandt-Haus Lübeck

0,00 EUR

Gesamt

425.250,00 EUR

 

Die gesamte institutionelle Förderung der HL beträgt aktuell 837.650,00 EUR. Davon rdert die Stadt zwei der benannten privaten Museen institutionell mit einer jährlichen Summe von 425.250,00 EUR. Das entspricht derzeit einem Anteil an der gesamten institutionellen Förderung von ca. 51 Prozent.

Nach Einschätzung der Verwaltung sind die zwei von der HL institutionell geförderten Museen derzeit auskömmlich durch Stiftungen finanziert. Eine Bitte um weitere Unterstützung durch die Stadt ist nach derzeitigem Kenntnisstand von den privaten Museen nicht kommuniziert worden.

Die von privaten Dritten als Museum bezeichneten Sammlungen oder Ausstellungorte erhalten keine institutionelle Förderung seitens der HL. Punktuelle Zusammenarbeit mit Kostenübernahme oder Förderung von einzelnen kleineren Projekten ist möglich.


 


[1] Die deutsche Sektion der ICOM (ICOM Deutschland e.V.) wird von Dr. Felicia Sternfeld, der geschäftsführenden Direktorin des Europäischen Hansemuseum, als Präsidentin geleitet.


Anlagen

keine
 

Stammbaum:
VO/2023/12193   AM Detlev Stolzenberg (Die Unabhängigen): Erstellung eines Berichtes zur Situation der privaten Museen in Lübeck   Geschäftsstelle der Fraktion Die Unabhängigen   Antrag eines Ausschussmitgliedes
VO/2023/12193-01   Antwort auf den Antrag des AM Detlev Stolzenberg (Die Unabhängigen): Erstellung eines Berichtes zur Situation der privaten Museen in Lübeck (VO/2023/12193)   4.041 - Fachbereichs-Dienste   Antwort auf Anfrage öffentlich