Vorlage - VO/2020/09255  

Betreff: AT zur VO/2020/09181 Die Unabhängigen und Bündnis 90/Die Grünen: Corona-Soforthilfe für Solokulturschaffende
Status:öffentlich  
Federführend:Geschäftsstelle der Fraktion Die Unabhängigen Beteiligt:Geschäftsstelle der Fraktion BÜ90 DIE GRÜNEN
Bearbeiter/-in: Burgdorf, Claudia   
Beratungsfolge:
Bürgerschaft der Hansestadt Lübeck zur Entscheidung
27.08.2020 
18. Sitzung der Bürgerschaft der Hansestadt Lübeck zurückgestellt   
24.09.2020 
19. Sitzung der Bürgerschaft der Hansestadt Lübeck - Haushaltssitzung abgelehnt   

Beschlussvorschlag
Sachverhalt
Anlage/n

Beschlussvorschlag

Die Bürgerschaft möge beschließen:

1. Das Corona-Sonderhilfeprogramm der Hansestadt Lübeck „Strukturerhalt Kultur“ wird dahin erweitert, dass auch Solokulturschaffende in den Kreis der Berechtigten einbezogen werden.

2. Für das Verfahren zur Bewilligung von Hilfeleistungen sind die Vorschriften des Hilfeprogramms zu Ziff. 1 auf den Personenkreis der Solokulturschaffenden entsprechend anzuwenden bzw. anzupassen.

 


Begründung

1. Der Beschluss des Hauptausschusses vom 29.07.2020 zum Corona-Sonderhilfeprogramm der Hansestadt Lübeck „Strukturerhalt Kultur“ erfasst ausdrücklich – entsprechend der Verwaltungsvorlage (VO/2020/08963-01) - nur „Kultureinrichtungen“.

Einen Antrag, auch „Solokulturschaffende“ in den Kreis der Berechtigten einzubeziehen, ist vom Hauptausschuss mehrheitlich abgelehnt worden.

2.    Die Entscheidung,  „Solokulturschaffenden“ Unterstützungsleistungen zu verweigern, ist unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten unvertretbar. 

Der Gerechtigkeitsmangel  dieser Entscheidung ist offenkundig.

 

a. So gibt es keinen nachvollziehbaren Grund die „Solokulturschaffenden“ beim Lübecker Theater (Gastkünstler) besser zu stellen, als die in der freien Kulturszene tätigen „Solokulturschaffenden“.

Die „Solokulturschaffenden“ beim Lübecker Theater (= Gastkünstler) sind angemessen unterstützt worden. Das ist ausdrücklich zu begrüßen. Sie werden nicht auf ALG II verwiesen.

Begrüßenswert ist es allerdings nicht, wenn die außerhalb des Theaters tätigen „Solokulturschaffenden“ nicht unterstützt, sondern auf ALG II verwiesen werden.

Die einen werden angemessen unterstützt, die anderen auf ALG II verwiesen. Mit welcher Begründung?

Es stimmt, dass dies auch anderen Betroffenen aus anderen Berufssparten passiert. Aber es stimmt auch, dass es einer sehr viel größeren  Vielzahl von Betroffenen nicht passiert.

Der Grund hierfür ist einfach: Da es sich bei den hier fraglichen Hilfeleistungen – anders als bei ALG II, bei dem es um einen verfassungsrechtlich verbürgten Mindestanspruch geht – um freiwillige staatliche Leistungen handelt,  liegt es im Belieben des jeweiligen staatlichen Unterstützers, den Kreis der Berechtigten und die Bedingungen für Unterstützungsleistungen frei zu bestimmen.

Die Entscheidungen hierzu sind demnach in erster Linie politische und keine rechtlichen.

Bei dieser Sachlage stellt sich die Frage, ob es gerade für Sozialdemokraten bei dem schwierigen politisch-historischem Verhältnis, dass sie zu der Unterstützungsleistung ALG II  haben, der richtige und angemessene  Weg ist, den hier fraglichen Personenkreis der Solokulturschaffenden der freien Szene auf ALG II zu verweisen, wenn gleichzeitig vergleichbare Personen aus derselben Berufsgruppe der Solokulturschaffenden (Gastkünstler) staatliche (hier kommunale) Hilfeleistungen erhalten.

Anders ausgedrückt: Wenn die Kommune sich entscheidet, bestimmte Berufsgruppen nicht auf ALG II zu verweisen, sondern unter bestimmten Bedingungen finanziell gesondert zu helfen, dann muss aus allgemeinen Gerechtigkeitsgründen zumindest innerhalb dieser Berufsgruppe eine Gleichbehandlung gewährleistet sein.

Das bedeutet, dass zumindest innerhalb der Berufsgruppe der Kulturschaffenden eine Gleichbehandlung gesichert werden muss.

Das ist vorliegend – wie bereits ausgeführt - nicht der Fall.

 

b. Aber aus einem weiteren Grunde ist eine Gleichbehandlung des hier fraglichen Personenkreises der Solokulturschaffenden nicht gesichert.

Nach der beschlossenen Vorlage gehören auch Personalkosten bei den zu unterstützenden Kultureinrichtungen zu den erstattungsfähigen Leistungen.

Das ist auch richtig und angemessen.

Unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten führt es jedoch dazu, dass die Empfänger dieser Leistungen (Schauspieler, Geschäftsführer, Techniker usw.) nicht auf ALG II verwiesen werden, sondern in vollem Umfang von der kommunalen Hilfeleistung profitieren.

Ich kann keinen sachlichen Grund erkennen, der diese Besserstellung im Verhältnis zu den Kulturschaffenden der sonstigen freien Kulturszene rechtfertigt.

 

3. Der Ausgangsantrag der Unabhängigen (VO/2020/08963), der zu der Verwaltungsvorlage vom 29.07. 2020 geführt hat, sah vor, die „in Lübeck tätigen Kulturschaffenden“ zu unterstützen. Im Antragstext waren keine Beschränkungen auf bestimmte Gruppen von Kulturschaffenden vorgesehen.

Außerdem ist der Kreis der potentiellen Berechtigten eingangs der Begründung des Antrags wie folgt beschrieben: „Initiativen, Einrichtungen und Einzelkünstler ...“.

Danach sollten ausdrücklich – neben den Initiativen und Einrichtungen – auch die Einzelkünstler (=Solokulturschaffende) unterstützt werden.

Soweit im Antragstext  auch die Gruppen der „Gastkünstler“ und „freien Theater“ aufgeführt sind, erfolgte dies lediglich beispielhaft („insbesondere“).

Demgemäß hat der kulturpolitische Sprecher der CDU, Herr Rottloff dies auch so verstanden und für gut befunden. Er ist in seinen öffentlichen Erklärungen nicht müde geworden, immer wieder hervorzuheben, dass „alle Kulturschaffenden“ zu unterstützen seien.

Zuletzt hat er sich hierzu Anfang Juli 2020 geäußert. Bei LNONLINE  vom 06.07. 2020 heißt es hierzu wörtlich:

 „Im zweiten Schritt werde es um alle Kulturschaffenden gehen, berichtet CDU-Kulturpolitiker Lars Rottloff. Dann gehe es um eine Summe zwischen 600 000 und 900.000 €, die von der Bürgerschaft beschlossen werden müsse. „Bei den Theatern haben wir die Kuh vom Eis“, ist Rottloff überzeugt, ....“)

 


Anlagen