Vorlage - VO/2018/06932  

Betreff: Antwort auf die Anfrage von BM Dr. Eymer betr. Ehrenfriedhof
Status:öffentlich  
Dezernent/in:Senatorin Joanna Hagen
Federführend:5.660 - Stadtgrün und Verkehr Bearbeiter/-in: Maurer, Michaela
Beratungsfolge:
Senat zur Senatsberatung
Bürgerschaft der Hansestadt Lübeck zur Kenntnisnahme
31.01.2019 
5. Sitzung der Bürgerschaft der Hansestadt Lübeck zur Kenntnis genommen / ohne Votum   

Beschlussvorschlag
Sachverhalt
Anlage/n

Beschlussvorschlag

Anfrage von BM Dr. Eymer in der Bürgerschaft am 29.11.2018 (VO/2018/06773):

Der Ehrenfriedhof ist in einem schlechten Zustand. Die Sturmschäden aus dem Jahr 2017 sind immer noch nicht beseitigt. Unabhängig davon machen Teile des Friedhofs einen vernachlässigten Eindruck. Informationen zur historischen Einordnung in Form von Schaubildern etc. fehlen völlig. Dazu frage ich die Verwaltung:

 

  1. Ist der Verwaltung der Zustand des Ehrenfriedhofs bekannt?
  2. Wann wird die Beseitigung der Sturmschäden auf dem Ehrenfriedhof abgeschlossen sein?
  3. Hält die Verwaltung den zu erwartenden Zustand des Ehrenfriedhofs nach Beseitigung der Sturmschäden für angemessen?
  4. Erfüllt der Ehrenfriedhof im gegenwärtigen Zustand den Anspruch, Ort des historischen Gedenkens und Nachdenkens zu sein?
  5. Existieren in der Verwaltung schriftlich fixierte konzeptionelle Überlegungen, wie der Ehrenfriedhof in einen angemessenen Zustand gebracht werden kann?

 


Begründung

 

Zu 1.:

Der Ehrenfriedhof ist in der Zuständigkeit des Bereiches Stadtgrün und Verkehr, daher ist der Zustand bekannt.

Der Sturm Herwart hat am 29.10.2017 enorme Schäden in der Hansestadt Lübeck angerichtet. 190 Bäume sind umgestürzt, weitere 500 Bäume sind beschädigt worden, die anhand einer Prioritätenliste abgearbeitet wurden.

 

Alleine auf dem Ehrenfriedhof sind 60 Bäume umgestürzt. Nach erster Beräumung ist eine zweite Schadensaufnahme im Februar 2018 erfolgt. Ca. 340 erforderliche Baumpflegemaßnahmen wurden als sogenannte Sekundärschäden diagnostiziert, davon 25 Baumfällungen. In Abstimmung mit der UNB wurden einige „Gefahrenbäume“ gefällt, um eine Teilöffnung des Ehrenfriedhofes am 29.06.2018 zu ermöglichen. Zur Einhaltung des Bundesnaturschutzgesetzes wurden alle weiteren Maßnahmen ausgesetzt. Die mit den Baumpflegearbeiten beauftragte Firma ist aus Kapazitätsgründen am 15.11.2018 vom Auftrag zurückgetreten, eine neue Firma wurde zwischenzeitlich beauftragt.

 

Zu 2.:

Die Baumpflegearbeiten werden bis Ende Februar 2019 beendet. Eine Freigabe des Friedhofes erfolgt voraussichtlich bereits Anfang Februar.

 

Im Zuge der Beseitigung der Sturmschäden ist schwere Technik eingesetzt worden, die die Wege in Mitleidenschaft gezogen hat. Das Wegenetz des Ehrenfriedhofes wird daher im Frühjahr erneuert. Dazu werden die Trag- und Deckschichten der wassergebundenen Wege neu hergerichtet. Die durch den Sturm entstandenen großen Lücken im Waldbestand sollen überwiegend durch natürliche Verjüngung geschlossen werden. Es werden etwa 20 Bäume gezielt nachgepflanzt.

 

Nach Freigabe des gesperrten Teilbereiches kann der Friedhof wieder vollständig geöffnet werden. Dann ist auch eine vollständige Aufnahme der Schäden an den Grabsteinen, Kreuzen und Gedenksteinen möglich. In Abstimmung mit einer Restauratorin und der Denkmalpflege werden die Grabmale und Gedenksteine gesichtet und repariert und, wo es notwendig sein sollte, gesichert.

 

Zu 3.:

Die Grundidee des städtischen Ehrenfriedhofs am Sandberg stammt von Harry Maasz, der von 1912 bis 1922 Leiter des Lübecker Gartenbauamts war. An der Anlage des Ehrenfriedhofs lässt sich erkennen, wie Harry Maasz die Topografie der Landschaft in seine Gestaltungen einbezog. Eingebettet in das Gefälle des Sandbergs verteilen sich rund 1.800 Gräber, ca. 500 Gedenksteine sowie mehrere Skulpturen auf einzelne Felder und Plätze auf unterschiedlichen Niveaus. Der Ehrenhain wurde nicht wie sonst typisch auf freiem Feld angelegt, sondern als von Wald umgebene geometrische Rasenplätze. Artifiziell wirkende Kreise, Ovale, Halbrunde und Geraden, durch klare Konturen gegenüber dem frei wachsenden, hügeligen Wald abgegrenzt, entfalten ihre räumliche Wirkung durch die konzentrische Anordnung der Grabmale am Rande ebener Rasenflächen. Die innerhalb der Raumgrenzen liegenden Gräber stehen damit in starkem Gegensatz zu den locker aufgereihten Gedenksteinen im Wald.

 

Die Konzeption von Harry Maas ist nach wie vor Vorlage für die Instandhaltung und Pflege des Ehrenfriedhofs. Der Pflegestandard der Grünflächen ist angemessen. Optimierungsbedarf wird in der Sanierung der Skulpturen, vor allem beim „Betender Krieger“ gesehen.

 

 

Zu 4.:

In der Gestaltung entspricht der Ehrenfriedhof den von Maasz geplanten Ort der Stille und Gedenkens. Eine Aufbereitung der Historie und eine Vermittlung der Geschichte als Mahnmal vor Ort sind aufgrund der bestehenden Personalressourcen nur eingeschränkt möglich.

 

In Zusammenarbeit mit dem Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. werden regelmäßig Workcamps als eine spezielle Form der Jugendbegegnung auf dem Ehrenfriedhof durchgeführt. Es verbindet die praktische Pflege von Kriegsgräber- und Gedenkstätten mit der thematisch-inhaltlichen Auseinandersetzung in Bezug auf den gewählten Erinnerungsort.

 

Ein Informationsflyer wurde 2015 zum 100-jährigen Bestehen des Ehrenfriedhofs herausgegeben. Für das Jahr 2019 ist eine Aktualisierung der Friedhofsbroschüre geplant, der in Form eines Rundgangs die Geschichte vermitteln soll.

 

Zu 5.:

Für die Beseitigung der Sturmschäden wurden, wie oben aufgeführt, die verschiedenen not-wendigen Arbeiten aufgenommen, priorisiert und terminiert. Bei der Wiederherstellung der orkangeschädigten Anlagen geht es nicht nur um bloßes Neupflanzen von Bäumen und In-standsetzung der Grabmale. Eine Gartenanlage setzt sich in erster Linie durch Bäume, Al-leen, Haine, Hecken, Sträucher und Gehölzbestände zusammen. Daneben gehören bauliche Bestandteile wie Wege, Treppen, Skulpturen dazu. Erst durch das Zusammenspiel aller Be-standteile bilden sich Parkräume, Kulissen und Blickbeziehungen. Für den Ehrenfriedhof sind verschiedene Pläne vorhanden, aus denen der Gestaltungsgrundsatz der Anlage zu entnehmen ist. Diese dienen sowohl als Grundlage für die Wiederherstellung als auch für die Parkpflege.

 

Sanierungsbedarf besteht beim Denkmal „Betender Krieger“. Hier wurde eine Diplom Res-tauratorin beauftragt, den Zustand festzustellen und denkmalpflegerische Handlungsempfeh-lungen auszusprechen. Als Ergebnis teilen sich die Arbeiten in drei Aufgabenfelder auf:

 

        Abbruch der alten Umfassungsmauer und des alten Bodenbelags

        Herstellung einer neuen Gründung und Neubau einer neuen Umfassungsmauer nach historischem Vorbild sowie Neupflasterung des Platzes

        Konservierung/Restaurierung der Figur des „Betenden Kriegers“

 

Die Kostenschätzung für die Sanierung beläuft sich auf ca. 95.000,- Euro. Zur Refinanzierung wird 2019 die Einwerbung von Fördermitteln, z.B. bei der Deutschen Stiftung Denkmalschutz angestrebt.

 


Anlagen