Auszug - Informationen zu deponiepflichtigen Abfällen aus Stilllegung und Rückbau von kerntechnischen Anlagen in Schleswig-Holstein  

11. Sitzung des Werkausschusses EBL
TOP: Ö 4.1.1
Gremium: Werkausschuss EBL Beschlussart: (offen)
Datum: Do, 21.11.2019 Status: öffentlich/nichtöffentlich
Zeit: 16:30 - 18:31 Anlass: Sitzung
Raum: Entsorgungsbetriebe
Ort: Malmöstraße 22, Lübeck
 
Wortprotokoll

Der Vorsitzende begrüßt als Gäste die Vertreter des Umweltministeriums Herrn Prof. Dr. Dr. Backmann, Herrn Dr. Karschnick und Herrn Meyer. Anhand einer Präsentation gibt Herr Prof. Dr. Dr. Backmann einführende Informationen zur Thematik.

Er beschreibt die Aufgabe seiner Aufsichtsbehörde und betont, dass das Ministerium nicht Betreiber und Verantwortlicher des Rückbaus der Kernkraftwerke sei, sondern Vattenfall.

Das Thema sei derzeit politisch sehr aufgeladen. Das halte er nicht für den angemessenen  Um­gang damit, da letztendlich der Beschluss zum Kernkraftwerkausstieg über alle Partei­gren­zen hinweg beschlossen worden ist.

Er gibt Erläuterungen zum Atomausstieg, zur Freigabe (Entlassungsverfahren der Stoffe), zu den zu entsorgenden Massen am Beispiel des KKW Brunsbüttel und das Entsorgungssys­tem in Schleswig-Holstein. Er führt aus, auf welchem Weg sich für das jetzige Deponie-Modell (Deponie plus) entschieden wurde.

 

Weil die Anlegung einer eigenen gesonderten Deponie aufgrund der zu geringen Mengen (ca. 30.000 t) unwirtschaftlich wäre, hat man sich letztendlich auf 4 Deponien in Schleswig-Holstein für die Aufnahme der KKW-Abfälle verständigt (7 wurden insgesamt auf Tauglichkeit dafür geprüft). Man sei bereit für örtliche Diskussionsprozesse und individuelle Vereinbarun­gen. Die Gespräche an den Deponiestandorten laufen derzeit noch.

 

Der Vorsitzende dankt Herrn Prof. Dr. Dr. Backmann für seine Erläuterungen.

 

Herr Rohlf fragt, ob die gebildeten Rücklagen bei den Betreiberverantwortlichen letztendlich ausreichend seien und wer die Höhe festlege.

Herr Prof. Dr. Dr. Backmann teilt mit, dass es hier eine klare gesetzliche Regelung gebe. Derzeit würden in einem Fond Rücklagen in Höhe von 26 Milliarden EUR vom Bund verwal­tet. Pro Rückbauprojekt sei jeweils 1 Milliarde EUR eingeplant; das werde auch immer wie­der überprüft.

Der Vorsitzende fragt nach, ob der Bund eintrete, sollte die Rücklage nicht ausreichen. Das bejaht Herr Prof. Dr. Dr. Backmann, aber nur für radioaktive Abfälle.

Herr Martens fragt nach, ob die Plus-Vereinbarung auch beinhalten könne, auf Niemark ei­nen abgeschlossenen Bereich für die Ablagerung dieser Abfälle einzurichten. Diese Möglich­keit sieht Prof. Dr. Dr. Backmann als diskussionswürdig. Zwar stiegen dadurch die Kosten etwas; das wüssten die Betreiber jedoch und seien dazu grundsätzlich bereit.

 

Die Frage von Herrn Franzen, ob man die avisierten Abfälle nicht auch verbrennen könne, verneint Herr Prof. Dr. Dr. Backmann.

 

Herr Dr. Lengen weist darauf hin, dass 4 von den 7 angedachten Deponien sich aus dem Verfahren herausziehen mit der Begründung der fast vollständigen Auslastung. Jedoch müs­se auch Niemark sich darüber Gedanken machen, in 30 – 40 Jahren ausgefüllt zu sein. Neue Standorte müssten daher so oder so gesucht werden. Er fragt sich, warum bei so kriti­schen Fällen nicht doch die Option einer eigens angelegten Deponie gezogen wurde. Bei sich än­dernden wissenschaftlichen Erkenntnissen wäre dann alles auf einem Platz. Warum nehme die Landesaufsicht die Betreiber nicht für eine eigene Deponie für diesen AKW-Schutt in die Verantwor­tung.

Herr Prof. Dr. Dr. Backmann korrigiert, dass sich drei Deponien nicht „rauszögen“. Sie kä­men auch aus statischen Gründen nicht in Betracht.

In Schleswig-Holstein werde die Deponierung von solchen Stoffen von jeher praktiziert. Man müsse darauf achten, die Stoffe nicht zu stigmatisieren; dazu bestünde keine berechtigte Sorge. Ängste würden hier künstlich geschürt. Nochmals betont er ausdrücklich, dass die anfallende Menge wirtschaftlich keine eigene Deponie hergebe.

 

Herr Zahn lässt sich erläutern, wann alle Kraftwerke schließlich vom Netz gehen. Antwort: In Betrieb sei nur noch Brokdorf und dessen Aus sei endgültig am 31.12.2021.

 

Auf die Frage von Herrn Quirder informiert Herr Dr. Verwey, dass im Durschnitt 50.000 – 100.000 t Abfall/Jahr nach Niemark geliefert werden.

 

Auch Herr Franzen fragt noch einmal nach, warum für die KKW-Abfälle keine eigene Depo­nie aufgemacht würde. Und fragt, wie lange so etwas dauern würde.

Darauf antwortet Herr Meyer: Zeitlich müsse man 8 – 12 Jahre veranschlagen; das sei ab­hängig von den mit Sicherheit zu erwartenden Klageverfahren.

 

Herr Misch hinterfragt die Aktualität der Strahlenschutzverordnung (aus 2001 stammend). Herr Prof. Dr. Dr. Backmann stellt fest, dass die 10 Mikrosievert weltweiter Standard seien (auch der Bund habe da keinen Spielraum). Der Wert entspreche auch heute noch dem in­ternationalen Stand der Wissenschaft.

In diesem Zusammenhang bietet er nochmals die Möglichkeit des Besuchs einer Vorführung zu den Messungen im Kernkraftwerk an.

 

Zusammenfassend hält Herr Dr. Verwey fest, dass die EBL sich bereits seit Ende 2015/Anfang 2016 mit dem Thema beschäftigen. Auch war es bereits mehrfach auf der Ta­gesordnung der Werkausschusssitzungen. Es habe schon zu Beginn der Diskussion eine Bür­gerinformationsveranstaltung gegeben. Nach seinem persönlichen Eindruck war aber kein großer Bürgerzulauf zu verzeichnen.

 

Herr Rohlf fragt die Runde, ob das Angebot der KKW-Besichtigung wahrgenommen werde. Herr Senator Hinsen informiert, dass die EBL den Besuch organisieren werden, wenn sich genug Interessen melden. Der Vorsitzende führt aus, dass es jedem freistehe, sich bei den EBL zu melden.

Er fasst zusammen, dass das Thema eine politische, weniger eine Fachfrage sei, die geklärt werden müsse. Bei den Menschen gebe es große Vorbehalte. Er habe zweistellige Rück­meldungen von den Bürgern; Proteste können erwartet werden. Das Thema müsse jetzt in der Bürgerschaft weiter diskutiert werden.

 

Er bedankt sich für den informativen Vortrag und die Diskussion.

 

Herr Prof. Dr. Dr. Backmann verabschiedet sich und betont, dass er den Dialogprozess ger­ne jederzeit fortsetzen würde. Er und seine Kollegen verlassen die Sitzung um 17.22 Uhr.